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WIRTSCHAFTLICHE UND POLITISCHE MIGRATIONEN DER KOSOVAREN IN DEN 90ER JAHREN

 

Programmatische Dokumente des aktuellen serbischen Regimes zur Veränderung der ethnischen Struktur Kosovas und zur Vertreibung der Albaner

Im Territorium des ehemaligen Jugoslawien lebt die Hälfte der albanischen Nation - über 3 Millionen. Die Bevölkerung Kosovas besteht zu 90% aus Albanern, während die Mazedoniens zu 45% aus Albanern besteht, obwohl die Regimes sowohl in Serbien-Montenegro als auch in Mazedonien ihre Anzahl geringer vorzugeben versuchen. Statistische Daten belegen, daß über 50% der serbisch-montenegrinischen Bevölkerung in Kosova aus Emigranten besteht, die aus verschiedenen Teilen Jugoslawiens zugewandert sind. Albanische Zuwanderer dagegen sind nur 723 Personen an der Zahl (der Zustand von 1991 belegt durch das Emigrationskommissariat) und nicht 300.000, wie das von der serbischen Propaganda behauptet wird1. In Kosova waren die Serben immer in der Minderheit und Montenegriner gab es schon gar nicht. So machten die Serben 1910 nur 5% der Bevölkerung Kosovas aus.2 Auch die Volkszählungen von 1921, 1931, 1948, 1953, 1961, 1971 und 1981 belegen, daß die Serben in dieser Region eine Minderheit waren.

Zur Zeit des alten Jugoslawien (1918-1941) wurden die Albaner auf alle möglichen Weisen verfolgt, um das Gebiet Kosovas mit Serben und Montenegrinern zu kolonisieren. Um dieses Ziel zu erreichen, hat man verschiedene Methoden angewandt, um die Albaner in die Türkei, nach Albanien und anderswohin zu vertreiben (allein in dieser Zeitspanne waren über 240.000 Albaner in die Türkei ausgesiedelt worden). Man zwang sie zunächst sich als Türken zu erklären, ihre Habe wurde dann durch den Staat beschlagnahmt (über 200.000 Hektar Land wurde in der Zeit den Albanern weggenommen). In deren Ländereien brachte man anschließend 12.005 serbische und montenegrinische Familien, insgesamt etwa 65.000 Personen, und begann somit die Kolonisation Kosovas. Nach dem Zweiten Weltkrieg erstattete man den Albanern, die nicht ausgesiedelt wurden, denen deren Eigentum aber ebenfalls beschlagnahmt wurde, nur 15.784 Hektar Land.3

Nach dem Zweiten Weltkrieg dauert die Unterdrückung und das Genozid gegen Albaner fort, sogar mit erhöhter Intensität. Deshalb sehen sich noch weitere 250.000 Menschen gezwungen in die Türkei auszusiedeln. Nach Angaben der Gesellschaft für Bedrohte Völker - Göttingen sind in den letzten 15 Jahren wegen politischer oder wirtschaftlicher Gründe über 100.000 Albaner nach Deutschland ausgewandert, 60.000 in die Schweiz, 40.000 in andere westeuropäische Länder und 50.000 in die nördlichen Regionen Jugoslawiens.4 Anstelle der Ausgewanderten brachte man serbische und montenegrinische Kolonisten.

Wohl wissend, daß in Jugoslawien die Hälfte des albanischen Volkes lebt, daß die Bevölkerung Kosovas zu 90 % aus Albanern besteht, daß sie in einem kompakten Territorium leben, daß aus internationaler Sicht diese Faktoren (kompaktes Territorium, homogene Bevölkerung, eigene Sprache und der deklarierte Wille zur Unabhängigkeit) alle Bedingungen für einen souveränen Staat erfüllen, unternahm die aktuelle serbische Regierung auch andere Schritte zur Änderung der ethnischen Struktur Kosovas, und zwar auf einer institutionalisierten Weise durch besondere verfassungswidrige, diskriminierende Programme, Gesetze und Verordnungen.

Mit dem serbischen Programm für Kosova5 versucht die aktuelle Regierung Serbiens auf eine noch raffiniertere Weise als die früheren Regierungen, die ethnische Struktur Kosovas zu verändern, indem sie präzedenzlose Gewalt über die Albaner ausübt. Dieses Programm sieht zu diesem Zwecke eine Reihe konkreter Maßnahmen in allen Lebensbereichen vor: in Politik, Wirtschaft, Kultur, Schulwesen, Gesundheitswesen, Gerichtsbarkeit, Medienzugang, Arbeitsmarktzugang, Stadtplanung usw. Dieses zynisch mit "Das Programm zur Errichtung des Friedens, der Freiheit, Gleichheit, Demokratie und Wohlfahrt in Kosova" betitelte Programm, bekannt als "Das Kosova-Programm", ist im Grunde genommen diskriminierend und rassistisch. Man sieht hier vor, alle albanischen Funktionäre und führenden Kräfte in gesellschaftlichen Institutionen und wirtschaftlichen Betrieben durch Serben zu ersetzen sowie die Beschäftigung und Schaffung neuer Arbeitsplätze für Serben und Montenegriner, Stimulation der Projekte zur Wiederkehr bzw. Neuansiedlung der Serben und Montenegriner, ihre Verhinderung der Aussiedlung aus Kosova. Hierfür wurde das Gesetz über die Bedingungen und Modalitäten der Abgabe des landwirtschaftlichen Bodens an Bürger, die in der ‘Sozialistischen Autonomen Provinz Kosovo’ leben wollen6, und über die Beschäftigung der Albaner in anderen Gebieten des ehemaligen Jugoslawien im Einklang mit dem jugoslawischen Kosova-Programm7 erlassen; es ist vorgesehen, 30 Filialen serbischer Unternehmen zu errichten in Ortschaften, wo es die meisten Serben und Montenegriner gibt, wie Leposaviq, Mitrovicë, Fushë Kosovë, Zubin Potok, Novobërdë, Shtërpcë, Lipjan, Gjilan, Obiliq, Ferizaj, Kamenicë sowie in den Gemeinden Graçanicë und Prilluzhë.

Die Veränderung der ethnischen Struktur Kosovas versucht man offen auch durch Änderung oder Ergänzung der städtischen Raumplanung durchzuführen, alles im Widerspruch zu den noch bestehenden Raumplanungsgesetzen.8 Diese Verordnungen wurden aufgrund von diskriminierenden Gesetzen über das Handeln der Republikorgane in außerordentlichen Zuständen erlassen.9 In diesem Rahmen beschloß das serbische Parlament die Änderung und Ergänzung des Beschlusses des Detailbauplans des Bezirks Ulpiana in Prishtina10, statt der geplanten Sporteinrichtung der Schule den Bau von 110 Wohnungen für rückkehrwillige oder neuankommende Serben und Montengriner vorzunehmen. Ebenso verfuhr das serbische Parlament im Bezirk Dardania in Prishtina11, wo statt der Grünfläche der Bau von 98 Wohnungen beschlossen wurde.

Eine andere Form der Kolonisierung und der Vertreibung der Albaner ist die Ernennung von 1.600 serbischen Direktoren und Leiter in wirtschaftlichen Betrieben sowie in anderen gesellschaftlichen Einrichtungen Kosovas. Die Serbisierung Kosovas läuft währenddessen durch das Bauen von serbisch-orthodoxen Kirchen, wie die auf dem Universitätsareal in Prishtinë12, in Obiliq13 und in Gjakovë, wo es dafür nötig war, das Denkmal der "Brüderlichkeit-Einheit" zu verlagern.14

Eine weitere Form der Serbisierung zeigt sich an der Umbenennung der Schulen, Straßen, Organisationen und der Toponomastik Kosovas. Die Straßen werden mit Namen aus der serbischen Mythologie benannt, wie "Cara Lazara" (im Bezirk Ulpiana in Prishtinë), "Vidivdanska" (bisher "Maršal Tita" in Prishtinë), "Sveti Sava" (neuer Name vieler Schulen), "Kralja Milutina", usw.

Hand in Hand mit den Bemühungen zur Kolonisierung Kosovas und zur Änderung seiner ethnischen Struktur sorgt das serbische Regime auch dafür, daß die Albaner aus anderen Gebieten Ex-Jugoslawiens nicht nach Kosova ziehen können. Dies wird im Gesetz über die Einschränkung des An- und Verkaufs der Immobilien15 festgelegt, wonach das "Republiksekretariat für Finanzen einen An- oder Verkauf der Immobilien nur dann erlaubt, wenn es erkennt, daß dadurch nicht zur Änderung der ethnische Struktur bzw. der Aussiedlung einer bestimmten Bevölkerungsgruppe beigetragen wird". Dieses Gesetz wird nur in Kosova angewandt, und "die bestimmte Bevölkerungsgruppe" sind Serben und Montenegriner.

* * *
Als es noch ein SFR Jugoslawien gab, schaffte es das serbische Regime, das Programm zur Schaffung von Wohnungen für leitendes Personal und zur Rückkehr der in der Zeitspanne 1989-1993 Ausgewanderten durchzusetzen sowie die Verordnung zur Durchführung dieses Programms (siehe Bundes Gesetzblatt der SFRJ Nr.9/1990). Nach diesem Programm bzw. Verordnung wurde vorgesehen, 2.000 Wohnungen mit einer Gesamtfläche von 115.273 m2 sicherzustellen sowie 711 Grundstücke und Baukredite für individuelles Bauen. Die Gesamtsumme der Kosten für dieses Programm erreichte die Höhe von 20.075.712 Dinar.

Zum Glück der einen und zum Unglück der anderen wurde dieses Jugoslawien bekanntlich zerstört. Die chauvinistische Gier wurde jedoch immer größer. Trotz der völligen Zerstörung der Wirtschaft und der Armut in Rest-Jugoslawien sucht man heute noch, um den nationalistischen Euphorien genüge zu tun, das "jugoslawische Programm für Kosova" zumindest im Bereich der Kolonisierung durchzuführen. In diesem Zusammenhang verabschiedete das Parlament der sogenannten BRJ am 17. März 1994 eine Verordnung zur Sicherstellung von Wohnungen für die Rückkehr der ausgewanderten Personen (siehe Bundesgesetzblatt der BRJ, Nr. 24/1994). Diese Verordnung sieht vor, in der Zeitspanne 1994-1998 1.564 Wohnungen zu kaufen oder zu bauen.

Für das Jahr 1994 ist die Fertigstellung von 182 Wohnungen, deren Bau früher begonnen wurde, geplant.

Kolonisation mit perfiden legalen Methoden
Für die Zeitspanne in der obengenannten Verordnung ist auch die Verteilung von 711 Grundstücken einschließlich der Baukredite aus dem Staatsfonds vorgesehen. Für die Durchführung dieses aus SFRJ-Zeiten geerbten Programmes benötigt man 91.100.000 Dinar (sprich: deutsche Mark) aus dem "Bundesbudget" für die Wohnungen und zusätzlich 35.500.000 Dinar (DM) für die 711 Baukredite. Naturgemäß erwartet man auch eine Revalorisierung der Summen, abhängig vom Preis. Die Dynamik der Beschaffung der Mittel für dieses Vorhaben sieht folgendermaßen aus:

– für das Jahr 1994 3.100.000 Dinar

– für das Jahr 1995 25.330.000 Dinar

– für das Jahr 1996 37.995.000 Dinar

– für das Jahr 1997 37.995.000 Dinar

– für das Jahr 1998 25.330.000 Dinar

Dies ist nur eine der legalisierten Formen der Kolonisierung Kosovas. Andere weit perfidere und breitere Formen finden nicht in der Öffentlichkeit statt. Einige davon sind das Errichten von Flüchtlingslagern und die gewaltsame Vertreibung der von der Arbeit entlassenen Albanern aus ihren Wohnungen.

In letzter Zeit wurde die Lage noch dramatischer, als im Zuge der Geschehnisse in Kroatien ein massiver Exodus der dort lebenden Serben in Richtung Jugoslawien zu verzeichnen war.

Selbst nach dem Scheitern mehrerer Projekte, darunter insbesondere jenes, wonach 100.000 serbische Flüchtlinge nach Kosova gebracht werden sollten, erachtet das serbische Regime den unglücklichen Exodus der Serben immer noch als eine günstige Gelegenheit, die ethnische Struktur in Kosova gewaltsam zu verändern. Die Gewalt richtete sich nun aber gegen die Flüchtlinge, die, als sie dagegen protestierten, nach Kosova gebracht zu werden, von der Polizei brutal niedergeschlagen wurden (in Smederevska Palanka, Kragujevac, Fushë Kosovë, usw.).

Die Niederlassung von serbischen Flüchtlingen in Kosova kann verheerende Folgen haben:

– Kosova ist eine überaus neuralgische Region und potentieller Herd eines balkanischen und überbalkanischen Konfliktes;
– Dieser Konflikt wurde bisher vermieden dank des Gleichgewichtes zwischen der gegenseitigen Angst sowohl bei den wehrlosen Albanern (über 90% der Bevölkerung) als auch bei den Serben, die die Macht besitzen. Die Zerstörung dieses Gleichgewichts mit der Ankunft der Extremisten könnte schlimmste Folgen nach sich ziehen (es gibt viele Beispiele, daß extremistische Flüchtlinge gewaltsam in Wohnungen nichtserbischer Eigentümer eingezogen sind in der Vojvodina, Banjaluka usw.).

– Kosova hat eine der höchsten Bevölkerungsdichten in Europa (212 Einwohner/km2 sowie die höchste Agrardichte in Europa). Die Ankunft der Flüchtlinge belastet es noch mehr.

– Kosova ist eine der wirtschaftlich rückständigsten Gebiete Europas;

– Die Niederlassung der Flüchtlinge geschieht jetzt, nachdem Serbien Hunderttausende Albaner zur Auswanderung gezwungen hat;

– Die Niederlassung der Flüchtlinge wird die Diskriminierung der Albaner im Bereich der Beschäftigungspolitik weiter vertiefen, daher werden sie gezwungen sein, in den westeuropäischen Ländern Arbeit zu suchen.

 

Die einzige Heimat der Kosova-Albaner ist Kosova. Unter keiner Bedingung und in keiner Form werden sie die Entfremdung dieses Landes erlauben.
Das Belgrader Regime, geleitet von der Idee der Expansion und der Errichtung eines Großserbien, übt einen ungezügelten Terror aus mit dem Ziel, die Albaner zu vertreiben und Kosova mit Serben zu kolonisieren. Dieser staatliche Terror, besonders in den letzten fünf Jahren, bewirkte eine große Auswanderung der Albaner in die westlichen Staaten.

Obwohl es sehr schwierig ist, zu Informationen zu kommen, da das serbische Regime ein Zensur darüber verhängt hat, ergibt sich aus den Tatsachen, die uns zur Verfügung stehen, daß seit dem 10.08.1995 bis zum 06.09.1995 nach Kosova ca. 15.000 Krajina-Serben gebracht worden sind.

Sie wurden in 22 Schulen, 7 Kindergärten, 9 Studentenheimen, 23 Hotels und Ferienanlagen, 5 Kultur- und Sporteinrichtungen, 2 Spitälern und 16 anderen Objekten untergebracht, aus denen vorher albanische Schüler, Studenten und Arbeiter vertrieben wurden. Die serbischen Behörden bereiten sich vor, die Flüchtlinge sogar in den historischen Kulturobjekten der Albaner, wie das Haus der Albanischen Liga von Prizren (1878), unterzubringen.

Abgesehen davon boten die serbischen Behörden den Flüchtlingen in der Zeitspanne zwischen dem 11.08. und dem 16.09.1995:

• 2.789 Arbeitsplätze
• 30.000 ha Land
• 300 ha Weingärten.

Wenn man das Problem der Flüchtlinge aus Kroatien aus humanitärer Seite betrachtet, so sind die Umstände für ihre Niederlassung in Serbien unvergleichlich besser als in Kosova, was aus den unten angeführten Daten serbischer Quellen ersichtlich ist:
• aus 6.772 ländlichen Siedlungen in Serbien haben 67% einen spürbaren Bevölkerungsrückgang;
• aus 1.115.000 Haushalten sind 72 % von der Entvölkerung betroffen;
• in Serbien (ohne Kosova und die Vojvodina, versteht sich) gibt es heute 57.091 leerstehende und 18.000 leere Wohnungen;
• in der Vojvodina gibt es 25.000 leere Wohnungen.

9. Das aktuelle serbische Regime erweitert täglich das Spektrum, die Vielfältigkeit, Intensität und Aggressivität der Vertreibungsfaktoren. Man nimmt an, daß bis jetzt aus Kosova 500.000 Albaner ausgewandert sind, zerstreut in den Staaten Nord- und Nordwesteuropas und jenseits des Atlantiks.
Faktoren des politischen Drucks, die zur Aussiedlung der Albaner und zu ethnischen Veränderungen beitragen
10. Obwohl kein erklärter Kriegszustand herrscht, sind die Albaner in Kosova okkupiert und rechtlos. Sie sind von allen für gewaltsam besetzte Völker charakteristischen Mißhandlungen betroffen:

1. sie werden mit Feuerwaffen beschossen und ermordet;
2. sie werden psychischen und physischen Foltern unterzogen;

3. sie werden grundlos verhaftet;

4. sie werden heute noch wegen ihrer politischen Ansichten verurteilt (in Untersuchungshaft genommen und wegen Vergehen mit politischen Elementen verurteilt);

5. ihre Häuser und ihr Besitz werden in zunehmendem Masse durchsucht und geplündert;

6. die albanische Rechtsprechung wurde aufgehoben;

7. Unterricht, Kultur, Wissenschaft funktionieren nur minimal oder sind ganz verboten;

8. die Krankenversorgung ist seit der Entlassung albanischer Ärzte kollabiert;

9. die Information in albanischer Sprache ist gänzlich unterbunden;

10. die Wirtschaftsbasis ist vollkommen zerstört und die Bodenressourcen werden hemmungslos geplündert;

11. sie werden aus ihren Wohnungen rausgeworfen;

12. ihre Selbstorganisation und Tätigkeit in Vereinen, politischen und gewerkschaftlichen Institutionen wird massiv verhindert;

13. sie werden sprachlich diskriminiert;

14. es gibt für sie keine Bewegungsfreiheit;

15. es gibt keine Religionsfreiheit;

16. humanitäre Hilfen werden verhindert;

17. ausländische Journalisten und Delegationen, die Kosova besuchen, werden mißhandelt;

18. es gibt tägliche Provokationen seitens des serbischen Militärs und serbisch-montenegrinischer Zivilisten;

19. Albanern nimmt man bescheinigte Waffen und verteilt gleichzeitig massiv und organisiert welche an serbisch-montenegrinische Zivilisten;

20. 130.000 Albaner (von insgesamt 150.000 Beschäftigten, die es vor der Besatzung in Kosova gab, was ohnehin die niedrigste Beschäftigungsrate in Europa darstellt) wurden von der Arbeit entlassen.

Diese und andere Tatsachen widerspiegeln am besten den Zustand der physischen Bedrohung des Wesens und der sozialen Existenz der albanischen Nation in ihrer Gesamtheit. Das sind die Gründe, die sie zwingen, sich den Flüchtlingsströmen aus den Kriegsgebieten in Kroatien und Bosnien anzuschließen.

Die Politik der Besetzung fremder Länder

Es werden nun rund eineinhalb Jahrhunderte seit der Geburt der großserbischen Besatzungspolitik auf dem Balkan. Im Rahmen der serbischen Expansion wurde mit permanenter Beharrlichkeit ein weitreichendes System irreführender Propaganda errichtet, die mit erdichteten Argumenten die serbischen Besatzungshandlungen als gerecht, wohlwollend, fortschrittlich, gar befreiend darzustellen versuchte, indem die nationalen Rechte der Albaner, Kroaten, Moslems und sogar der Bulgaren und anderer verdrängt und darüber hinaus verleugnet wurden. Es wurde eine mächtige Propagandamaschinerie errichtet, zu der auch namhafte Experten aus allen Wissensgebieten gehören: Universitätsprofessoren, Offiziere und Generäle, Priester, Schriftsteller und Journalisten, aber auch gesamte Institutionen wie die Universität und die Akademie der Wissenschaften. Zum Zwecke der Verkündung "der serbischen Wahrheit" publiziert man jährlich Hunderte von Büchern, Broschüren, Zeitschriften, Abhandlungen, Enzyklopädien und Wörterbüchern, die als Terrainvorbereitung zur Aggression dienen. Mit diesen "wissenschaftlichen Argumenten" wurde der serbischen Diplomatie die Arbeit erleichtert (besonders in Frankreich und Großbritannien, Rußland und Griechenland), die politische Öffentlichkeit dieser Länder für die serbischen territorialen Lösungen auf dem Balkan zugänglich zu machen. Diese kamen besonders vor den Balkankriegen in bezug auf die Geschehnisse nach dem Ersten Weltkrieg und vor dem Zweiten Weltkrieg zum Ausdruck.

Angefangen mit Vuk Karad?i? ("Srbi svi i svuda" ["Serben alle und überall" Anm.d.Übers.]), Nikola Stojanovi? (“Do istrage naše ili vaše”, [“Bis zu unserer oder eurer Vernichtung” Anm.d.Übers.]), dem Statut der geheimen politischen Organisation “Einheit oder Tod”, dem ?etnik-Programm "Homogenes Serbien" von Stevan Molevi?, den Vorlesungen und Abhandlungen des Vasa ?ubrilovi? und insbesondere mit dem ersten programmatischen Dokument der großserbischen Idee "Das Großserbien-Projekt", angereichert durch die rassistischen Thesen des Jovan Cviji? über die Serben als überlegene Nation auf dem Balkan und als südslawischer Höhepunkt und heute gekrönt und abgeschlossen mit dem Memorandum der Serbischen Akademie der Wissenschaften und Künste, sollten alle diese Werke die "wissenschaftliche" Argumentation der serbischen Aggression vorbereiten. All das trug zur Entstehung des radikalen serbischen Ethnozentrismus bei, der neuerdings zum Chauvinismus, Rassismus und gar Faschismus übergegangen ist.16

Einige Expansionsvarianten im Dienste der Errichtung eines Großserbien sind nunmehr bekannt. Bekannt sind auch die Besatzungskriege und die serbische territoriale Vergrößerung nach dem Berliner Kongreß und den Balkankriegen sowie die Toleranz und Unterstützung durch die Großmächte, die besonders aus Moskau, Paris und London kam. Serbien zählte 191017 302 km2; in der jugoslawischen Föderation zählte die Republik Serbien 88.361 km2, wovon 10.887 km2 Kosova und 21.506 km2 die Vojvodina ausmachten.

Auch Montenegro wurde größer.18 Von 1.080 km2 wurde es 1914 zu 14.180 km2 und 1921 zu 9.668 km2 … Aber die Gier, fremde Länder zu erobern, war unersättlich. Abhängig von der Lage, den Umständen und der Folge der Geschehnisse tritt sie mit konkreten Maßnahmen in Erscheinung. Nunmehr nach der schändlichen und blutigen Zerstörung des ehemaligen Jugoslawien wird die militärische Variante der Errichtung eines Großserbien gemäß dem Memorandum durchgeführt. Dies ist das Projekt, das nach R. Pavi?19, abgesehen von den albanischen schon besetzten Gebieten, den Anschluß von Gebieten in Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Montengro vorsieht. Es ist vorgesehen, von Kroatien 37.002 km2 zu erobern, damit sich Großserbien auf eine Fläche von insgesamt 216.017 km2 erstreckt, was 84,5 % des Territoriums des ehemaligen Jugoslawien bzw. 144,5 % mehr als das serbische Territorium ausmacht. Aber den geopolitischen Ambitionen ist hier kein Halt geboten. Aus den expansionistischen serbischen Kreisen hört man Stimmen, die nach Istrien verlangen, wo nur 4,06 % Serben leben, und daß in Serbien eine Bevölkerung von 18.200.000 – d.h. 81 % der Bevölkerung Ex-Jugoslawien (nach der Volkszählung 1981) bzw. 94 % mehr als die Bevölkerung Serbiens – zusammenzubringen ist. Nach dieser Variante sollte Serbien Slawonien, Dalmatien, Krajina, Kordun und weitere 11 Gemeinden, unabhängig von der ethnischen Zusammensetzung, erobern. Von diesen Gebietsansprüchen sollte Serbien ethnische und geopolitische Nutzen ziehen. Kroatien würde zweigeteilt und Serbien würde unmittelbar an Slowenien grenzen, wogegen Bosnien-Herzegowina wieder wichtiger Faktor der "zentralen serbischen Gebiete" werden würde. Nach dieser Idee sind alle slawischen Bewohner Großserbiens in Wahrheit "Serben orthodoxer, katholischer und islamischer Konfession", wogegen Albaner und Ungarn keine politischen Völker sind! Bis dato hat Serbien einen Teil dieser Variante mit der Errichtung der Republika Srpska in Bosnien "durchgeführt". Obwohl diese expansionistischen Ansprüche und Handlungen antihistorisch sind, wurden sie von der Weltöffentlichkeit noch nicht demaskiert.

Während in allen Krisenherden in Osteuropa nach dem Zusammenbruch des Kommunismus befreiende und demokratisierende Prozesse die Oberhand gewonnen haben (die Errichtung der baltischen Staaten aus den ehemaligen sowjetischen Republiken, Slowakei usw.), während man überall bemüht ist, unnatürliche und aufgezwungene Schöpfungen zu zerstören, verlangt man in Serbien nach neuen Eroberungen. Dieses neoimperialistische Denken tritt im Memorandum zum Vorschein. Das Programm ist nach M. Brandt20 nur eine Etappe – Folge des hundertjährigen serbischen Eroberungsprogramms. Etappen davor waren: Nach dem bulgarisch-serbischen Krieg im Jahre 1912 wurde Vardar-Mazedonien angeschlossen und "Süd-Serbien" getauft; das Attentat in Sarajewo mit dem Zweck, die föderalistische Reformierung des Habsburgerreiches zu unterbinden, die die serbischen Ansprüche in Bosnien zunichte gemacht hätte; Pläne zur Eroberung von Albanien, Ägäis-Mazedonien und Saloniki; die Assimilations- und Unterdrückungspolitik gegen alle nichtserbischen Völker; Mißbrauch des Freiheitskampfes anderer Völker während des "Nationalen Befreiungskampfes" im Zweiten Weltkrieg. Mit Belgrad als Hauptstadt wird auch das neue Jugoslawien zum Kerker für nichtserbische Völker. Auch das sogenannte neue Jugoslawien in seiner kommunistischen Variante war der Staat der Serben, in dem führende politische und militärische Kader die großserbische Politik weiterverfolgten. Dieses neue Jugoslawien, obschon föderalistisch ausgerufen, war niemals eine Föderation gleichberechtigter freier Völker, es wurde vielmehr von Anfang an als ein hegemonistischer, unitaristischer und zentralistischer Staat unter serbischer Kontrolle geführt, und zwar nicht nur in Serbien, Montenegro und Mazedonien.

Bevorzugt während des gesamten Bestehens des kommunistischen Jugoslawien war Serbien mit zwei Provinzen bedacht, die es rücksichtslos ausplünderte und deren Völker es erbarmungslos unterdrückte. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute das Militärestablishment eine starke Wehrindustrie und versorgte sich mit modernsten Waffen. So ergibt sich nach der Auflösung Jugoslawiens gemäß den Angaben des Internationalen Instituts für Strategische Studien (London), daß das Militärpotential Serbiens und Montenegros21 135.000 aktive Soldaten zählt (mit 44.500 Rekruten und über 400.000 Reservesoldaten, ohne die Bildung von paramilitären Einheiten, Privatheeren zu berücksichtigen, die von Gemeinkriminellen geführt werden). Diese Soldateska hatte über 1.000 gepanzerte Fahrzeuge an sich gerissen, 952 schwere und 13 leichte Panzer, was in der Tat von beeindruckender Kraft zeugt. Die Anzahl der Boden-Boden und Boden-Luft Projektile, die mit nicht überprüft angegeben wird, sind für die umliegenden Völker ein gefährliches Potential. Serbien und Montenegro besitzen zusätzlich 5 U-Boote und 4 Fregatten sowie eine große Anzahl von Raketenbooten und Torpedos. Mit 480 Militärflugzeugen, 136 bewaffneten Hubschraubern und dem Mig-29 sowie mit anderen Hilfen, die über die Donau und Rumänien aus Rußland und der Ukraine kommen, ist dieses Land eines der schwerstbewaffneten nicht nur in der Region. Die Lage der Militärindustrie wurde ebenfalls sorgfältig gewählt. Gemäß den Angaben aus dem Jahre 1990 (nach B. Soleša) gab es im ehemaligen Jugoslawien 56 Betriebe der Militärindustrie mit 1.000 Mitarbeitern und 80.000 Beschäftigten, davon 44 % in Serbien. Sich im Besitz solch einer Zerstörungsmacht wissend, verfaßten die Memorandumautoren ihr militaristisches Programm für "ihr himmlisches Volk". Alles ist genau eingeplant und läuft nach dem Programm: Die Serben schrumpften als eine alternde Nation in diesem Stadium des demographischen Weges – 1981 gab es im Vergleich zu 1971 in 57 Gemeinden einen Bevölkerungsrückgang (Depopulation), dazu ging die Zahl der Serben insgesamt auf 8.140.452 zurück – und eine junge nichtslawische Bevölkerung wuchs heran, besonders Albaner und Bosnier (ca. 8 Mio. Albaner – um in zwei Jahrzehnten die Zahl der Serben zu übertreffen), mit ca. 8 Mio. Bulgaren und 9,9 Mio. Griechen in der Nachbarschaft. Das waren alarmierende Tatsachen für die chauvinistischen serbischen Kreise. Daher urteilten sie, daß es an der Zeit wäre, ihre nationale Frage ein für allemal zu ihren Gunsten aber zum Schaden der Nachbarn zu lösen.

Diese ohnehin niedergeschriebenen Ambitionen und Ansprüche zeugen davon, daß man es mit einem serbischen Imperialismus zu tun hat. Er fordert neue, fremde ethnische Räume und beharrt auf die obligate Besitzergreifung für den eigenen Lebensraum, ohne jegliche Kriterien zu berücksichtigen. Für die genannten serbischen Kreise ist alles serbisch – alles, von der Wunschvorstellung bis zum Absurden. In Kroatien, in Gebieten mit serbischer Mehrheit, sollte das ethnische Prinzip gelten, in Kosova – wo die Serben, seitdem sie sich dort niederließen, in der Minderheit waren (laut Cviji?, sogar 1912 – nur 5 %, genau so viel wie heute), das "historische Recht" einer bestimmten Periode. Das serbische Recht wird aber bestehen unabhängig davon, wie die Zahlen, Fakten und die Wirklichkeit ausschauen. Andererseits soll in der Vojvodina nicht das historische Recht gelten, sondern das ethnische Prinzip der Mehrheit, das auf eine sehr brutale Weise zugunsten der Serben verschoben wurde – eine wahrhaftige Anarchie von Kriterien und nur für selbstsüchtige Interessen. Der serbische Imperialismus ist heute noch gefährlicher, zumal es keine wesentlichen Unterschiede zwischen dem Regime und dem Großteil der Opposition gibt, insbesondere da die langfristig gesäte Idee in breiten Massen der Bevölkerung aufgekeimt ist.

Manipulation und Lüge sind Charakteristika dieser Politik. Selbst der Patriarch des serbischen Nationalismus, D. ?osi?, bezeichnet die Lüge als eine serbische patriotische Tugend. Sie beschwindelten die internationale Öffentlichkeit durch Manipulation der Statistiken, so daß auch die Durchführung des Vance/Owen-Planes nicht zuletzt daran scheiterte. Serben sind immer die Unzufriedenen, die sich beklagen, denen Unrecht getan wurde, daher fordern sie mehr als ihnen zusteht; andere sind schuldig, andere greifen an22… Sie sind selbst heute mit dem Owen-Plan unzufrieden, denn er gestand ihnen nur 43 % des bosnischen Territoriums zu, sie fordern aber 63 %. Sie fordern in Landkarten auch Flächen, die sie niemals hatten, sie berufen sich sogar auf 12 Mio. Volksgenossen (Biljana Plavši?). Es ist ein Regime, das für seine expansionistischen Bedürfnisse und für die Tagespolitik sogar die Zahl der Opfer, der Toten, Flüchtlinge und Kriegskrüppel manipuliert.

Dem eigenen Volk berichten sie mit einem Informationsterror von globalen Komplotten und Verraten gegen das serbische Volk. Schuldige und Serbenverfolger sind alle, nicht nur Albaner, nicht nur Bosnier und Kroaten, sondern auch der Papst, Khomeini und die gesamte zivilisierte Welt. Alle machen Fehler, nur die Serben behalten immer recht! Die Globaltheorie des ?osi?, Miloševi? und Šešelj können heute nicht einmal die verschworenen Panslawisten nachvollziehen. Dennoch gibt es hier etwas Globales und Himmlisches: Kosova sowie viele besetzte Gebiete in Kroatien, Bosnien werden für die Schöpfer des "himmlischen Volkes" bloß Gestirne bleiben, die man nur neidvoll von der Ferne beobachten kann.

Die aktuelle tragische Wirklichkeit in einigen Gebieten des ehemaligen Jugoslawien spricht für sich – Krieg wie ihn die Menschheitsgeschichte kaum barbarischer kennt, ungeheuerliche Verbrechen, Zehntausende unschuldige Opfer, ganze Städte dem Erdboden gleichgemacht, katastrophale Zerstörungen wirtschaftlicher Objekte und der Infrastruktur, ein Drittel des kroatischen und drei Viertel des bosnischen Gebietes auf die brutalste Art erobert, begleitet durch die ethnische Vernichtung und Säuberung, Kosova geknechtet unter dem systematischen mordenden und folternden Staatsterror, am Rande eines apokalyptischen Gemetzels – dies ist der typische Kader der expansionistischen großserbischen Politik, der beste Spiegel und Beweis der Folgen, die die Konzepte und Programme des pathologischen Hasses und der grotesken Selbstprojektion als Faktor der absoluten Überlegenheit über alle anderen in der Region haben können. Das langfristige Streben nach der Verwirklichung des unerreichbaren Wahnes frustrierte dieses Volk dermaßen, daß es letztendlich in einen kollektiven Amoklauf mündete. Es ist zu befürchten, daß für die Heilung dieser nationalen Hypochondrie Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte nötig sind. Aber das soll die Sorge ihrer Auslöser bleiben. Dies ist auch der politische Kontext, aus dem die Albaner fliehen.

Es ist unterdessen von Interesse, in groben Zügen darzustellen, wie es überhaupt möglich war, nach 50jähriger Bekämpfung der nationalistischen und chauvinistischen Ideen im zweiten Jugoslawien, zu einem solch aggressiven Ausbruch des nationalistischen Hasses zu kommen. Was die Serben betrifft, ist eines sicher: Beide Ausführungen von Jugoslawien sahen sie als staatliche Rahmen, wo sie die Frage ihrer nationalen Einheit für gelöst wußten. Und das entsprach auch der Wahrheit. Diese Idee verteidigte auch Vasa ?ubrilovi?. Die serbischen Visionen von beiden Ausführungen Jugoslawiens projizierten sich als erweitertes Serbien unter ausschließlicher serbischer Dominanz. In der ersten war man nicht einmal versucht, diese Auffassung zu vertuschen, wogegen die zweite so konzipiert wurde, dies unmöglich zu machen. Auch die programmatischen politischen Richtlinien der KPJ zielten von Anfang an auf die Bekämpfung der Hegemonie und die Errichtung der nationalen Gleichheit. In der Phase des bewaffneten Kampfes und gleich danach gab man dem Kopf der großserbischen Ideologie formell einen zerschmetternden Schlag, was zunächst einen vielversprechenden Eindruck hinterließ, und dies im gesamtjugoslawischen Bereich. In bezug auf die Albaner änderte die KPJ jedoch schon während des Krieges ihre Gesinnung radikal, um den großserbischen Ansprüchen, die nun unter dem neuen Mantel agierten, Konzessionen zu machen. Die Degradierung des Generalstabes der Nationalen Befreiungsarmee Kosovas und seine Unterwerfung unter den Stab der NBA (Nationale Befreiungsarmee) Serbiens im September 1944 war nur der erste Schritt in die komplette politische Unterwerfung Kosovas. Den formellen Beweis hierfür lieferte die Sitzung des "nationalen Befreiungsrates" im Juli 1945 mit der Aufhebung der Beschlüsse von Bujan und mit dem Anschluß Kosovas an Serbien. Das war ein Akt der Besatzung Kosovas und ein taktischer Zug zur Beruhigung der Serben wegen der Bildung eines Jugoslawien auf föderativem Prinzip. So wurde das tragische Schicksal der Kosovaren besiegelt, während mit der Bestimmung der zwischenrepublikanischen Grenzen auch die restlichen Albaner unter ein neues Joch gestellt wurden: in Mazedonien, Montenegro und Serbien. Diese Handlung half den neuen republikanischen Bürokratien gemeinsam mit Serbien, die geteilten Albaner zu unterwerfen. Unter diesen Umständen waren die Albaner das einzige Volk, das sich als nationales Kollektiv dem expansionistischen südslawischen Ehrgeiz opferte.

Es ist zu unterstreichen, daß die Föderationsführung in nationalen Fragen niemals eine konsequente Politik verfolgte, sondern sich auf Taktik und Strategie des Augenblicks stützte; sie ging auf Kompromisse ein und fand pragmatische Lösungen je nach dem Verhältnis der Mächte der republikanischen Clans. In diesem Wirbel wurde mit den Albanern schrecklich manipuliert (als Beispiel sei das vierte Plenum der Brioni erwähnt). Auch ihr Status, gewährleistet durch die Verfassung von 1974, war ein Ergebnis der Politik "ziehen, aber nicht abreißen lassen", um den "schlafenden Tiger" des großserbischen Nationalismus nicht allzu sehr zu verärgern. Konsequenterweise ist das tragische Schicksal der Albaner Opfer der mangelnden Courage der Föderationsführung, dem großserbischen Nationalismus den endgültigen Todesstoß zu versetzen. Was seine Gesinnung gegenüber Albanern betrifft, so wurde er nie richtig getroffen, sondern lebte vor sich hin und wartete auf den günstigsten Augenblick. Dieser Augenblick kam auch leider und offenbarte sich mit voller Brutalität gegen die Albaner nach 1981 und gegen die anderen nach 1987-1990.

In dieser zweiten Phase bezahlten all diejenigen bitter, die zuvor tatenlos zusahen, als er sich über die Albaner stürzte, hoffend, er würde sich damit begnügen. Die Signale waren deutlich genug für jene, die sie wahrnehmen konnten. Am 28. Juni 1989 kündigte der präpotente Vollzieher großserbischer Politik an: "In Jugoslawien wird heute leider ein Propagandakrieg geführt. Aber für die Zukunft kann man einen bewaffneten Krieg nicht ausschließen". Es war offenkundig, was passieren würde. Es wurde jedoch von niemandem beachtet.

Es ist bekannt, daß nach 1989 die Palette der Vertreibungsfaktoren über die wehrlosen Albaner in Kosova immer breiter wurde. Mit frappanter Geschwindigkeit wächst auch die Zahl der Auswanderer mit existentiellen Motiven. Abgesehen von den entlassenen Arbeitern befinden sich unter den Auswanderern eine große Masse junger Leute, die die mordende serbische Armee verlassen haben sowie eine große Anzahl ganzer Familien. Heute befinden sich auf Kreuzwegen europäischer Zentren sowohl albanische Arbeiter als auch Asylwerber, Flüchtlinge und andere größtenteils mit ungelöstem Status und ohne jegliche Perspektive, immer in Angst, auch aus dem Traumland abgeschoben zu werden. Aus der Einwanderungsdokumentation vieler westeuropäischer Staaten ist ersichtlich, daß die ersten Flüchtlinge zur Zeit der Diktaturen aus Spanien, Portugal und Griechenland kamen, während heute im Verhältnis zu jugendlichen Altersgruppen in solchen Listen die Albaner aus Kosova ziemlich hoch oben stehen. Wir betonen, daß es bis dato keine zielgerichtete Tätigkeit zur Bewahrung des Status der kosovarischen Jugend mit einem Aufenthalt im Ausland gibt. Es mangelt auch am wichtigsten: an der Schaffung der Bedingungen für ihre Rückkehr und Wiedereinbürgerung. Es ist keine leichte Aufgabe, im Gegenteil, es ist ein schwerer Prüfstein für alle organisierten Subjekte Kosovas und eine hohe nationale Aufgabe.

Die Tatsache, daß wir nicht einmal heute über die genauen Zahlen der Auswanderer verfügen, spricht von der Arbeit, die wir in dieser Hinsicht geleistet haben.

Der Autor dieses Buches war 1992 im zentralen Volkszählungsausschuß für die Albaner in der Diaspora. Hier sind die vorläufigen und nicht vollständigen Daten aus dieser Volkszählung.

Übersicht der Ergebnisse der ersten Zählung der Albaner im Ausland
am 1. März 1992
Staat
Zahl der Albaner
%
Deutschland
82.348
38,0
Schweiz
72.448
33,4
Schweden
15.652
7,2
Österreich
12.300
5,7
Kroatien
9.087
4,2
Italien
5.472
2,5
Slowenien
4.977
2,3
Belgien
4.137
1,9
Norwegen
3.522
1,6
Dänemark
3.314
1,5
Frankreich
1.998
0,9
Niederlande
1.078
0,5
England
338
0,2
Finnland
295
0,1
Luxemburg
166
0,0
Insgesamt
217.132
100,0

Das ist die Übersicht der Ergebnisse der ersten Volkszählung der Albaner im Ausland am 1. März 1992.

Inzwischen zeigen die Daten, die der Zentralausschuß bekommt, einen enormen Anstieg der Migrantenzahl. 1993 notierte man in Deutschland 120.000, in der Schweiz 95.000, in Schweden 35.000, in Österreich 23.000, in Belgien 8.000, in Frankreich/Dänemark 5.000, in Italien 4.000, in Norwegen 3.500, in England 2.500, in den Niederlanden 2.000, in Slowenien 15.000, in Bosnien 30.000 und in Albanien 25.000 – insgesamt 368.000.

Nach der Dokumentation des Ausschusses für Migration, Flüchtlinge und Demographie des Europarates (Straßburg, Januar 1996) in den Staaten der Europäischen Union waren 340.700 albanische Asylwerber aus Kosova vermerkt! Davon 230.000 in Deutschland, 60.000 in Schweden, ca. 29.000 in der Schweiz, 15.000 in den Niederlanden usf.


1 "Politika" 29. Oktober 1991.

2 Cviji?, Jovan, Balkansko poluostrvo [Die Balkanhalbinsel], Beograd 1966, S. 469.

3 Obradovi?, Milovan, Agrarna reforma i kolonizacija na Kosovu 1918-1941 [Agrarreform und die Kolonisation in Kosova 1918-1941], Prishtina, 1981, S. 208; Bajrami, Hakif, Rrethanat shoqëroro-politike në Kosovë, 1918-1941 [Soziale und politische Umstände in Kosova 1918-1941], Prishtina, 1981, S. 177.

4 Zbornik Kosovo-Srbija-Jugoslavija [Sammelband Kosova-Serbien-Jugoslawien], Laibach, 1989, S. 49.

5 Gesetzblatt der SRS, Nr. 15/90, vom 30.03.1990.

6 Gesetzblatt der RS, Nr.43/91, vom 20.07.1991.

7 Bundesgesetzblatt der SFRJ, Nr. 8/90, vom 09.02.1990.

8 Gesetzblatt der SAPK, Nr. 2/89.

9 Gesetzblatt der SRS, Nr. 30/90, vom 26.06.1990.

10 Gesetzblatt der SRS, Nr. 45/90, vom 07.08.1990.

11 Gesetzblatt der SRS, Nr. 45/90, vom 07.08.1990.

12 Gesetzblatt der SRS, Nr. 18/90.

13 Gesetzblatt der SRS, Nr. 41/91.

14 Gesetzblatt der SRS, Nr. 68/91.

15 Gesetzblatt der SRS, Nr. 30/89 und 42/89.

16 Brandit, Miroslav et al.: Izvori velikosrpske agresije (rasprave - dokumenti) [Quellen der großserbischen Aggression (Abhandlungen - Dokumente)], Zagreb, 1991, S.18-21.

17 Soleša B., Balkan se sporo gasi, [Balkan erlischt langsam], "Nedeljna borba" 7-8.11.1992, S.5.

18 Soleša B., Balkan se sporo gasi, [Balkan erlischt langsam], "Nedeljna borba" 7-8.11.1992, S.5.

19 Pavi? Radovan, in Izvori velikosrpske agresije, S.81.

20 in Izvori velikosrpske agresije, S. 210.

21 Soleša B., Balkan se sporo gasi, S.5.

22 siehe ausführlicher Blaku, Rifat, Politika e pushtimit të tokave të huaja [Die Politik der Besatzung fremden Bodens], in Fjala Nr.9.1993

 

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